Seminar zum Genossenschaftswesen (SS 2024) – Mitgliederförderung, -bindung und -verwaltung
Auch im Sommersemester 2024 wurde das Seminar zum Genossenschaftswesen in Kooperation mit dem Genossenschaftsverband Bayern (GVB) durchgeführt. Die Themen des diesjährigen Seminars waren Mitgliederförderung, -bindung und -verwaltung als Teil der nachhaltigen Unternehmensführung in Genossenschaften. Das Seminar startete am 29.04.2024 mit einem Kickoff und endete am 22.07.2024 mit der Ergebnispräsentation. Dazwischen fand vom 19.06.2024 bis zum 05.07.2024 die Umfrage unter einigen Mitgliedsgenossenschaften des GVB statt. Zur Rückkopplung der Ergebnisse in die genossenschaftliche Praxis fand am 05.08.2024 eine Präsentation der Seminargruppe für interessierte Genossenschaftsvertreter, organisiert durch den GVB, statt. Dieser Beitrag soll die wesentlichen Erkenntnisse der Seminargruppe zusammenfassen und basiert auf den Seminararbeiten der Studierenden.
Die Mitgliederförderung ist eine zentrale und originäre Aufgabe einer Genossenschaft. Die Aufgabe ist eng mit den genossenschaftlichen Prinzipien verknüpft, die den Charakter, die Wertvorstellungen und die Grundsätze der Genossenschaft prägen. Um ihren genossenschaftlichen Charakter und ihre Relevanz zu wahren, muss die Genossenschaft ihren Mitgliedern konkrete Vorteile bieten. Die Mitgliederbindung ist in einer Genossenschaft von besonderer Wichtigkeit, da die Mitglieder selbst die Grundlage für die Existenz und den Fortbestand der Genossenschaft bilden. Eine starke Mitgliederbindung ist also essenziell, um die genossenschaftlichen Werte leben und die eigene Unabhängigkeit garantieren zu können. Die Mitgliederverwaltung gehört zur wesentlichen Verantwortung des Vorstands, der verpflichtet ist, eine sorgfältige Mitgliederliste zu führen (§ 30 GenG). Neben dem Namen und der Anschrift muss für jedes Mitglied die Anzahl der übernommenen Geschäftsanteile dokumentiert werden. Bei bedeutenden Änderungen, etwa dem Beitritt neuer Mitglieder, der Anpassung von Geschäftsanteilen oder dem Austritt, müssen der Zeitpunkt und die Gründe für diese Veränderungen genau erfasst werden. Da der Verwaltungsaufwand mit zunehmender Mitgliederzahl steigt, kann der Einsatz einer spezialisierten Software eine erhebliche Erleichterung bieten und die Genauigkeit der Verwaltung sicherstellen.
Im Rahmen des Seminars sollte die zentrale Forschungsfrage, wie ausgewählte Genossenschaften ihre Mitgliederverwaltung organisieren, erörtert werden. Insgesamt beteiligten sich 31 Genossenschaften des GVB an der Umfrage. Im Rahmen der Analyse wurde eine Klassifikation der teilnehmenden Genossenschaften nach ihrer Größe vorgenommen. Die Gruppe der kleineren Genossenschaften umfasste Genossenschaften mit einer Mitgliederanzahl von acht bis 124 Mitgliedern, was auf 16 Genossenschaften zutraf. Die Gruppe der größeren Genossenschaften umfasste Genossenschaften mit einer Mitgliederanzahl von 125 bis 2.500 Mitgliedern und bestand aus 15 Genossenschaften. Im Folgenden werden die wesentlichen Erkenntnisse der Analyse dargestellt: Herausforderungen der Mitgliederverwaltung, Software-Nutzung bei großen und kleinen Genossenschaften sowie eine Übersicht der genannten Softwarelösungen.
Die Teilnehmer sehen sich mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert, die sich in Form von intransparenten, komplizierten und mit hohem Aufwand verbundenen Softwarelösungen zur Mitgliederverwaltung manifestieren. Die Angebotsvielfalt stellt Genossenschaften vor Herausforderungen, die mit den bisherigen Lösungen nicht vollständig bewältigt werden können. Des Weiteren zeigt sich eine erhebliche Varianz hinsichtlich des Einsatzgebiets. Dieses variiert in Abhängigkeit von den Anforderungen, der Größe und der Branche der jeweiligen Genossenschaft sowie den Anwendungsfeldern und der Zahlungsbereitschaft. Zudem fehlt es an einem etablierten Standardprogramm für Genossenschaften sowie an einer Übersicht der Vor- und Nachteile der verschiedenen Softwarelösungen im Vergleich.
In der zusammengefassten Betrachtung lässt sich festhalten, dass die Umfrage wertvolle, wenngleich nicht repräsentative, Erkenntnisse über die aktuellen Praktiken im Hinblick auf die genossenschaftliche Mitgliederverwaltung liefert. Die bereits in den Genossenschaften eingesetzten Softwarelösungen sind hinsichtlich ihrer Vielfalt als Gegenargument für die Einführung weiterer Programme zu werten. Es wird empfohlen, eine maßgeschneiderte flexible Lösung nach dem „Baukastensystem“ zu implementieren, um den unterschiedlichen Bedürfnissen und Prioritäten der Genossenschaften gerecht zu werden und deren individuelle Anforderungen zu erfüllen. Die Umfrageergebnisse legen insgesamt ein großes Interesse an der Optimierung und Vereinheitlichung von IT-Lösungen nahe, wenngleich die Priorisierung dieses Themas variiert.